Cube heißt Würfel. Cube heißt auch eine 2016 gegründete NGO, die sich aus sieben jungen Frauen in drei Ländern Europas zusammensetzt – oder: zusammenwürfelt – und die Europa in Schulen und Jugendbildungseinrichtungen stattfinden lassen möchte, entwickelt von Jugendlichen. So, dass am Ende ein Konzept steht, das die Europäische Union zukunftsfähig macht. Ein Masterplan für Politik und Wirtschaft, das non-formale Format ist ehrgeizig. Das muss es auch sein, junge Lobbyarbeit ist vielen Entscheidern bislang zu wenig profitabel.
Davon lassen sich die Cuberinnen nicht einschüchtern. Die zahlreichen ehrenamtlichen Arbeitsstunden haben erste wirtschaftliche Erfolge gebracht: Ein Stipendium für das Social Impact Lab in Berlin, wo Cube bis September ansässig war. Direkt danach hat der Verein seinen Sitz ins Lab nach Leipzig verlegt. 2017 war er für den European Youth Culture Award der Respekt-Stiftung nominiert. Annika Stange arbeitet seit einem Dreivierteljahr für Cube. Dass sie ihr Masterstudium in Leipzig absolviert, ergänzte sich perfekt.

Cube hat drei Schwerpunkte: Erstens die Workshops konzipieren und im Anschluss „machen“, zweitens die Ergebnisse sammeln und analysieren, drittens die Lobbyarbeit. Annika kümmert sich um den ersten Bereich. Sie ist seminarerfahren und sagt, „ich sehe mich später auch in der jugendpolitischen Bildungsarbeit“.
Behutsam führt sie jede Klasse oder Gruppe zunächst an das „Spielfeld“ Politik heran. Mitunter in Bezug auf den Würfel, den Rubiks Cube. Strategiebegeistert oder nicht, das drehbare Spielzeug mit den bunten Außenflächen, die sich in jede Richtung verschieben lassen, haben nahezu alle Jugendlichen schon einmal gesehen. „Politik funktioniert vergleichbar. Jeder kann daran drehen“, sagt Annika. Sie weiß allerdings, dass Theorie und Praxis selten deckungsgleich sind und ihre Workshops bisher „nur die besser gebildeten Schüler erreichen. Das ist ein Problem, auch auf europäischer Ebene“.
„Dass politische Entscheider Jugendliche als wenig attraktive Zielgruppe wahrnehmen, weil sie noch nicht wählen dürfen oder über ein festes Einkommen verfügen, erweckt bei der jungen Generation den Eindruck, sie kann sowieso nichts ändern. Ihr Potential muss stärker berücksichtigt werden.“
Aber wie? Im Gespräch mit den Teilnehmenden ermittelt Annika, „wo Partizipation schon stattfindet, wo noch nicht und warum das nicht der Fall ist“. Sie nennt ein Beispiel, das sich wiederum in europäische Dimensionen übersetzen lässt: „Stehen eine Wahl oder ein Referendum an, sprechen sich die meisten Jugendlichen dafür aus, online abzustimmen. Das geht aber nur, wenn alle Bürger Internetzugang haben.“
Annika stellt auch die Frage nach dem Engagement junger Menschen. Hierbei erlebt die 23-jährige, gebürtige Hessin, dass der oftmals geäußerte Vorwurf, Jugendliche wollen sich nicht einbringen, schlicht falsch ist. „Die soziale Mobilität hat zugenommen. Wir müssen flexibel sein und die junge Generation richtet sich danach. Ihr das vorzuwerfen, ist unfair.“ Stattdessen nehmen die Cuberinnen aus ihren Workshops die Anregung mit, neue Formen des Engagements zu schaffen, die etwa über einen kürzeren Zeitraum laufen können.
Der nächste Workshop ist in München. Die Schneise dorthin hat Annika und ihren Kolleginnen eine Freundin aus dem Cube-Netzwerk geschlagen. „An die Schulen ranzukommen, ist schwer. Eigeninitiativ geht da so gut wie gar nichts“, bedauert sie. Einmal geschafft, lässt die Augenhöhe mit ihrer jungen Zielgruppe neue Kräfte wachsen. Dieselbe Sprache sprechen, und vor allem aktiv zuhören ist, was Annika Stange mit dem Stichwort Reformation verbindet. Beides verändere, findet sie. Das historische Ereignis Reformation wiederum nennt sie „eine Revolution, die Vieles angestoßen hat, und die zu Diversität und Perspektivwechsel beigetragen hat“.

Für das kommende Jahr, das zweite Vereinsjahr von Cube, wünscht sich Annika ein Get together der Partnerschulen, bei denen die Jugendlichen ihre Europa-Entwürfe zusammenbringen. Sie möchte dazu auch Vertreter aus Politik und Wirtschaft einladen. „Aber nicht in Form einer Podiumsdiskussion. Podiumsdiskussionen öden Jugendliche an. Das muss dynamischer gehen.“
Fotos: Privat / Olad Aden (1)