Die 95 ist für Teresa Ruckelshauß eine wichtige Zahl. Martin Luthers 95 Thesen fallen der Studentin dazu aber nicht als Erstes ein. Sondern ihr Kleiderschrank: 95 ist die Summe der Kleidungsstücke, die ein erwachsener Mensch in Deutschland im Durchschnitt im Schrank hat. Auch Teresa. Die 23-Jährige weiß: „Die wenigsten Teile wurden fair produziert.“ Inzwischen aber achtet sie darauf, was sie kauft. Sie blickt auf ihre Füße, die in schicken Sneakern stecken. „Meistens zumindest. Immer gelingt es mir nicht.“ Wie ist Teresa auf faires Shoppen gekommen?
Ich studiere das Fach Umwelt- und Ressourcenökonomik an der Universität Kiel. Ich befasse mich aber nicht infolge des Studiums mit nachhaltiger Kleidung, sondern umgekehrt. Zuerst kam das faire Shoppen, dann habe ich mich für ein Studium in der Richtung begeistert. Das war eine gute Entscheidung. Erstmals davon gehört habe ich in der jungen Gemeinde meiner Heimatstadt Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen. Das war da Thema. Nachhaltigkeit ist jungen Menschen allgemein sehr wichtig. Wer nachhaltig lebt, bezieht das aber hauptsächlich auf seine Ernährung und den Einkauf von Lebensmitteln. Kleidung fällt hintenrunter. Wir haben alle Kleidungsstücke oder Schuhe im Schrank, die unfair produziert wurden. Das gilt auch für die teuren Sachen. Dass ein Shirt oder eine Jacke mehr Geld kostet, sagt nichts über die Herstellungsweise aus.
„An einem T-Shirt, das im Laden für 30 Euro verkauft wird, verdient eine Näherin gerade mal 30 Cent, das entspricht einem Prozent.“
Gleichzeitig werden pro produziertem T-Shirt 2720 Liter Wasser verbraucht. Das sind 20 Badewannen voll. Auch das ist enorm, gemessen daran, dass in Deutschland jedes Jahr über eine Million Kleidungsstücke weggeworfen wird. Und jeder Europäer verbraucht 28 Kilogramm Kleidung pro Jahr.
Ich versuche, mit weniger Kleidung auszukommen, dann kann ich mir vom gleichen Geld auch mehr leisten. Ich achte verstärkt auf seriöse Fairwear-Siegel von Marken, deren Kleidung umweltschonend hergestellt ist und die Produzenten nicht ausbeutet.
„Wir achten doch auf die Arbeitsbedingungen der Menschen hier in Deutschland. Dann können wir genauso mal fragen, wie es denen im Ausland geht.“
Ich merke, dass jungen Leuten zunehmend wichtiger wird, wie sauber Kleidung produziert ist. Sauber im Sinne von nachhaltig. Wir nutzen Online-Börsen, wir kaufen unsere Sachen auf Flohmärkten und verkaufen sie dort auch wieder. Was uns gefällt, tragen wir länger. Und Fehlkäufe riskieren wir keine. Second Hand heißt nicht automatisch, dass Sachen abgetragen sind. Das Bewusstsein dafür sehe ich in meiner Generation stetig wachsen.
Fotos: flickr (3) / privat