Wenn einer das Ereignis Reformation erklären kann, dann Martin Luther selbst! Den Gedanken hat Wunna Winter ihrem Animationsfilm zugrundegelegt, in dem die junge Filmemacherin 500 Jahre in zwei Minuten nacherzählt. Der Clip fordert Jugendliche dazu auf, mit ihren heutigen Thesen über Luther herauszurücken.
Wunna Winters Sicht auf die Reformation beginnt chronologisch. Luther, auf Puppengröße geschrumpft, marschiert vorbei an den technischen Errungenschaften der vergangenen fünf Jahrhunderte: Computer, Telefon, Schreibmaschine, Druckerpresse. Der Film dreht auf diese Weise die Zeit zurück. Dann sitzt Luther an seinem Schreibtisch, vor sich ein aufgeschlagenes Buch, in dem plötzlich ein knallbuntes Kritzelbild aufleuchtet: „Gott liebt alle”, prangt in einem großen Herzen. Es ist das Prinzip der Reformation.
Im Zeitraffer bringt der Reformator seine 95 Thesen unters Volk und das Volk auf seine Seite, weigert sich vor dem Kaiser, seine Schriften zu widerrufen, und übersetzt auf der Wartburg die Bibel ins Deutsche. In der zugehörigen Filmszene hantiert die Puppe mit einer Schreibfeder, über sich eine Denkblase: „Latein? Kann doch keiner lesen!” Im Hintergrund leuchtet wie eine nostalgische Zirkusreklame ein Schild: Junker Jörg. Aka Martin Luther.
Wunna Winter, Absolventin der TH „Georg Simon Ohm” ihrer Heimatstadt Nürnberg, hat den Luther-Clip für die Evangelische Jugend in Bayern (EJB) umgesetzt, die Jugendliche damit für das Thema Reformation begeistern möchte. Der historische Bezug ist in munteren bewegten Bildern aufbereitet, die Kernbotschaft lautet: Veränderung kommt gut an. Der Film endet damit, dass Luther, mittlerweile in Jeans und Turnschuhen, zwischen jungen „Protestanten” steht. Sie halten Schilder in die Höhe, auf denen die reformatorischen Grundwerte festgehalten sind: Freiheit, Mut, Verantwortung. Entsprechend sind Jugendliche aufgefordert, ihre (heutigen) Reform-Wünsche festzuhalten. Der Flashmob-Thesenanschlag ist für den 1. Juli 2017 – möglichst bayernweit – geplant.

In Wunna Winters detailreichem Animationsfilm steckt eine Menge Vorarbeit. Die 26-Jährige verrät, dass sie allerhand Reformatorisches dazugelernt habe: „Neu war mir, dass es andere Reformatoren gab. Über den Ablass wusste ich auch nicht so viel.” Die Aussage, Reformation immer wieder stattfinden zu lassen, findet sie zutreffend: „Die Dinge müssen ständig verbessert werden.” Bezogen auf die aktuell geführten Entwicklungen und Debatten in der Gesellschaft und der Kirche, wünscht sich Wunna Winter mehr Offenheit gegenüber Flüchtlingen sowie die Gleichberechtigung homosexueller Paare. „Ich glaube, da ist die evangelische Kirche schon weiter.” Zumindest schrittweise: Die evangelischen Landeskirchen in Hessen und dem Rheinland setzen eine Trauung gleichgeschlechtlicher Partner um. Im Juli 2016 folgt Berlin-Brandenburg.
Von September 2015 bis Januar 2016 arbeitete Wunna Winter an ihrer animierten Version der Reformation. Die Figuren seien „reine Fantasie” gewesen, ihre historische Erkennbarkeit aber Bedingung, erklärt die Regisseurin. Eine Ausnahme hat sie sich erlaubt: Während Martin Luther in seiner Schreibstube an der Feder ackert, watschelt vor der Tür ein Pinguin vorbei. Er ist Wunna Winters Lieblingstier und deshalb dabei. Bei dem Namen eigentlich klar.
Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung der EJB.