Reformation heißt work in progress

Reformieren verbindet. Das Reformationsprojekt der Evangelischen Jugend im Rheinland heißt deshalb Lutherstaffel. Das komplette Jubiläumsjahr über beobachten zwölf Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen, was Gruppen und Gemeinden vor Ort mit Luther und Co. anfangen. Und ob sich dadurch etwas ändert. Reformation heißt work in progress. Zu dem Team gehört Christian Egermann (17). Er kommt aus Hamm, wird 2018 Abitur machen und findet neben der Schule Zeit, sich ehrenamtlich zu engagieren. Christian ist mit der Kamera für der Lutherstaffel unterwegs, etwa beim PoetrySlam Wortanschlag. Vorher kann man ihm auf den Spuren der Reformation in Hamms Fußgängerzone begegnen, wo er über Usain Bolt, Tesla und das Ruhrgebiet nachdenkt. Dabei kommt folgendes heraus:

Meine Motivation; ich engagiere mich ab und zu in der evangelischen Jugendkirche Hamm und das schon seit ein paar Jahren, weil meine Mutter dort als Musikerin hauptamtlich arbeitet. Ich drehe seit meinem elften Lebensjahr Filme und kann mein Hobby dort perfekt ausüben, da die Jugendkirche sehr gutes Euipment hat. Ich mag es einfach, anderen Menschen eine Freude zu machen, egal ob ich etwas dafür bekomme oder nicht.

Meine These über 2017; Reformation ist aktuell, wir spüren sie heute noch immer. Was mir auffällt ist, dass sich die Menschen nach und nach zusammentun und gemeinsam Veränderungen erreichen wollen.

Mein Ziel; Ich habe Sportleistungskurs in der Schule und mache Rudern. Ein sportliches Vorbild direkt habe ich nicht. Ich möchte nicht an Trainingseinheiten gebunden sein und nehme mir auch nicht vor, Spitzensportler zu werden. Klar wäre es toll, zu rudern wie ein Mitglied des Deutschland-Achters oder zu laufen wie Usain Bolt, aber mir genügt der Spaß am Sport.

Mein Soundtrack; Ein Lied, das mir spontan einfällt, ist „Home“ von Judy Bailey, das die Jugendkirche gecovert und anschließend verfilmt hat. Das Projekt „Home“ entstand mit Geflüchteten aus dem Nahen Osten, die sich in der Jugendkirche sehr wohl fühlen und auch Spaß an Musik haben. Das Lied handelt von Heimat und einem Zuhause, beides ist für uns in Deutschland selbstverständlich. Nicht so für Menschen, denen die Heimat genommen wurde. Menschen, die eine neue Heimat brauchen, stellen ihr komplettes Leben auf den Kopf, um in einem anderen Teil der Welt ein besseres Leben führen zu können.

Mein Reformator; Für mich ist Elon Musk, Gründer von PayPal, Tesla und SpaceX ein Mensch, der etwas verändert in unserer Welt. Er handelt in meinen Augen wirklich innovativ und klug, er schätzt die Natur und nutzt sie, ohne sie zu zerstören. Er entwickelt selbstfahrende elektrische Autos und forscht an Solardachziegeln, die ein komplettes Haus versorgen können. Er handelt effektiv.

Meine Kirche; Die Kirche ist meiner Meinung nach tolerant, gutherzig und offen. Jeder ist willkommen.  Meine Generation hat viele Vorurteile über Kirche, die ich auch oft von anderen höre, allerdings sind sie nicht böse oder abwertend gemeint, sondern mit einem Schuss Humor. Für viele meiner Freunde war es nach der Konfirmation vorbei mit Kirche, außer natürlich an Weihnachten. Sie verbinden Kirche mit grauen Wänden, alten Presbytern und langweiligen Theaterstücken. Ein paar Leute konnte ich von der Jugendkirche überzeugen – sie sahen Kirche direkt ganz anders. Ich gebe zu, dass ich seit meiner Konfirmation nicht mehr freiwillig in einen Sonntagsgottesdienst gegangen bin, obwohl ich den sehr oft schön finde. Ich bete auch nicht jeden Tag, manchmal noch nicht mal einmal im Monat, aber ich habe jeden Jugendgottesdienst besucht, die machen einfach gute Stimmung. Ich finde, dass Kirche mit viel zu viele Vorurteilen besetzt ist, zu Unrecht, da sich für mich Kirche in den vergangenen Jahren positiv verändert hat. Alle Religionen verändern sich mit der Zeit. Die evangelische Kirche hat meiner Meinung nach einen großen Schritt nach vorne gemacht, vor allem auf die Jugendlichen zu.

Ich finde, man sollte Reformation feiern, auch wenn sie viele in Frage stellen. Insgesamt hat die Reformation viel bewegt und ohne sie wäre alles hier nicht das, was es jetzt ist.

Das ist mir Reformation wert; Meinungsfreiheit ist mir am wichtigsten und jeder der gegen sie ist, gefährdet die Demokratie. Jeder Mensch soll das Recht haben, sich auszudrücken, solange er dadurch niemanden diskriminiert. Leider sind die Regierungschefs in vielen Ländern die Welt gegen eine freie Meinung, auch noch, wenn die Bevölkerung protestiert.

Frieden gibt es nur, wenn man sich gegenseitig respektiert.

Meine Heimat; Das Ruhrgebiet hat sich stark verändert in den 17 Jahren, die ich hier lebe. Das höre ich auch von der älteren Generation. Ich beobachte, dass sich immer mehr Gruppen bilden und das gegenseitige Misstrauen zunimmt: Menschen, die als „-linge“ abgestempelt werden, Menschen, die Heimatlosen eine neue Heimat geben, Menschen, die sich gegen alles stellen und jeden Geflüchteten als Gefährdung sehen, Menschen, die die Gesellschaft vereinen wollen und jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern, auch wenn der Tag schlecht lief. Ich finde es gut, dass es immer noch Menschen gibt, die den Alltagsstress auf kreative Art und Weise mindern.

Wenn jeder mit einem Lächeln durch die Fußgängerzone in Hamm läuft, statt mit grimmigem Blick auf sein Handy zu starren, wäre die Fußgängerzone schonmal ein Ort, an dem man von Freude und von Liebe reden kann.


Fotos: Privat / Flickr (1)

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